Die Beweidung 2015 – Eine Zwischenbilanz

 

Die erste Saison der Wasserbüffel im Tegeler Fließ ist zu Ende gegangen. Um eine Zwischenbilanz zu ziehen, trafen sich auf Einladung des Bezirksstadtrats Martin Lambert am Dienstag, den 15. Dezember 2015, Reinickendorfer und Reinickendorferinnen im Saal der Bezirksverordnetenversammlung im Rathaus Reinickendorf, um Erfahrungen auszutauschen.

Neben Anwohnern waren zudem Vertreter der Freien Scholle, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, der Landwirt Hr. Querhammer, das Gutachterbüro Stadt-Wald-Fluss, das Reinickendorfer Umwelt- und Naturschutzamt mit Frau Dr.Dohme-Wigger, das Grünflächenamt sowie die Gastrednerin Fr. Hirsch, von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, anwesend.

 

Ein Einstiegsfilm zeigte zunächst zusammenfassend die Ereignisse, von der Ansiedlung bis zum Abtransport der Wasserbüffel, und bot somit einen Jahresrückblick. Nach einer einleitenden Rede des Bezirkstadtrats sprach Frau Dr. Dohme-Wigger ihren Dank an die Reinickendorfer Bürger aus. Das Beweidungsprojekt habe nicht nur Akzeptanz bei den Anwohnern gefunden, sondern darüber hinaus ein großes Interesse geweckt und zu einem unerwarteten Besucherandrang geführt, über den sich der Bezirk sehr freue. Darauffolgend wurden von den Rednern einige wichtige Informationen zu den Wasserbüffeln und deren Auswirkung auf das Landschaftsbild rückblickend zusammengefasst.  Neben bereits bekannten Aspekten wurden auch Hintergrundinformationen angesprochen.

 

Weide

Die Wasserbüffel auf der Weide

Demnach berichtete Hr. Querhammer, welcher seit Jahrzehnten Viehhaltung in Fahrland betreibt, vom Herdenaufbau und der Haltung der Wasserbüffel. Die Wasserbüffel erwarte nun in der Winterzeit der jährliche Tierarzttermin, bei dem das Blut der Tiere auf wichtige Spurenelemente getestet werde. Abgesehen davon bekundete auch Hr. Querhammer seine Überzeugung davon, dass die Wasserbüffel sich im ,,Stadtleben“ äußerst gut zurechtgefunden haben, wie anhand der Gelassenheit der Tiere während des starken Besucherandrangs zu erkennen war. Daher komme die Beweidung sowohl der Herde, als auch der Landschaft zugute.

 

Dennoch sind in der ersten Saison bereits einige unerwartete Probleme aufgetreten. Zum Beispiel reagierten Passanten bei der Entdeckung des am 18. Oktober im Fließtal geborenen Kalbes ein wenig voreilig und alarmierten die Feuerwehr, die sich schließlich an Hr. Querhammer wandte. Dieser konnte für das junge Tier jedoch nichts weiter tun, als einen üblichen Kontrollgang durchzuführen. Sollte es in der nächsten Saison erneut zu der Geburt eines Kalbes kommen, so besteht in diesem Fall kein Grund zur Sorge. Der Landwirt erklärte, dass die Mutter das Kalb nach der Geburt ablegt und sich dann erneut zur Herde gesellt, während das junge Tier ruhen bleibt. Dies ist ein natürlicher Vorgang und zeugt nicht, wie befürchtet, von einer Abstoßung des Kalbes durch die Mutter.  Zu einem weiteren Zwischenfall kam es, als ein Büffel die Zwischenräume eines Zauns nutzte, um auszubüxen. Die Zurückführung des Büffels in die Herde bereitete jedoch keine Schwierigkeiten, sodass anhand dieser ,,Generalprobe“ erneut die Gelassenheit der Tiere deutlich wurde.

 

Manfred Kraus ging daraufhin nochmals verstärkt auf die Tier- und Pflanzenwelt im Tegeler Fließtal unter dem Einfluss der Beweidung ein. Er betonte, dass die Wasserbüffel die Biodiversität erhöhen,

Kot fördert die Artenvielfalt

Kot fördert die Artenvielfalt

indem sie durch ihren Kot Insekten anlocken und diese wiederum eine Nahrungsgrundlage für viele Vögel darstellen, wodurch sich eine komplette Nahrungskette schließt. Zudem bilden die durch Suhlen entstandenen Flachwasserbereiche, in denen keine Fische leben, eine Lebensgrundlage für viele Organismen. Darüber hinaus zeigte Hr. Krauß eine von ihm angefertigte Fotostrecke, welche die Weidefläche im Jahresverlauf seit der Beweidung im Mai zeigt. Schon im Juli wurde anhand der Bilder deutlich, dass der Aufwuchs deutlich reduziert und die Fläche strukturiert worden ist. Nach einem Jahr könne man zwar keine gravierenden Veränderungen sehen, jedoch zeige sich bei einem genauen Blick bereits die positive Wirkung der Wasserbüffel auf das Landschaftsbild. Ein Problem, das es momentan zu lösen gilt, besteht nach Krauß in der Aktivität der Biber, welche eine Fläche aufgestaut haben. Jedoch wurden auch hier mit Hilfe einer Drainage erste Maßnahmen ergriffen, um den Wasserspiegel zu senken, den Biber aber gleichzeitig nicht zu stören.

 

Auch das Bezirksamt Reinickendorf meldete sich nochmals ausführlich zu Wort und bedankte sich bei allen Reinickendorfern für ihre Mitwirkung und Akzeptanz. Durch das Beweidungsprojekt kam es zu zahlreichem Medieninteresse, Radioterminen, Filmprojekten und Schulklassenbesuchen, womit das erwartete Interesse weit übertroffen wurde. Auch wurde das Beweidungsprojekt zum Elerprojekt des Monats August ernannt.

 

Positiv ist demnach, dass durch die Ansiedlung der Wasserbüffel dem Naturschutzgebiet mehr Achtung geschenkt wird, die Offenhaltung der Landschaft effektiv zu wirken scheint und, dass der befürchtete Vandalismus im Gegensatz zu vergleichbaren Projekten bis zu diesem Zeitpunkt weitgehend ausgeblieben ist.

Problematisch ist jedoch vor allem das Verhalten einiger Menschen, die das Naturschutzgebiet mehr oder weniger bewusst gefährden.

Die angelegten Schilder sind zu beachten

Die angelegten Schilder sind zu beachten

Dazu gehört unter anderem die Trampelpfadbildung um den Zaun der Weide, welche Gebiete betrifft, in denen seltene Vogelarten brüten. Diese Wege wurden daher durch vom Amt gebaute Barrieren abgesperrt und mit einem Schild ausgestattet, das auf den Schutz seltener Vogelarten weist.
Darüber hinaus stellen Gartenabfälle ein großes Problem dar, da diese zu einem zusätzlichen Nährstoffeintrag führen, welcher unter anderem in der Verdrängung heimischer Pflanzen oder der Anlockung von Wildschweinen resultieren kann. Daher sollen die Anwohner bewusst mit ihrem Abfall umgehen und ihn sachgerecht entsorgen.
Ein weiterer, vor allem Spaziergänger betreffender, Punkt ist, dass das Füttern von Enten verboten ist. Es scheint den meisten Menschen nicht klar zu sein, dass sie durch die Fütterung Nährstoffe in das Gewässer führen, welche unter Sauerstoffverbrauch wieder abgebaut werden. Demnach leiden vor allem die Fische, da ihnen der benötigte Sauerstoff dadurch entzogen wird. Letztendlich könnte massives Fischsterben die Folge sein. Daher gilt es, unwissende Spaziergänger bei Gelegenheit über die Folgen der Fütterung aufzuklären, um dafür zu sorgen, dass das natürliche Gleichgewicht des Ökosystems Fließgewässer erhalten bleibt.

 

Um Besucher des Tegeler Fließes zum Thema Fließgewässer und Wasserbüffel zu informieren wurden bereits Schilder zur Orientierung und Websites mit Informationen gestaltet. Zudem wurden einige zusätzliche Bänke mit Blick auf die Weide eingerichtet. Nächstes Jahr sollen weitere Schilder mit wichtigen Telefonnummern für Notfälle folgen.

 

Für Notfälle, welche die Tiere betreffen ist Hr. Querhammer unter folgender Nummer zu erreichen:
0151 1260 4200
Bezüglich des Zauns ist Hr. Zech vom Bezirksamt Reinickendorf zu erreichen unter:
0171 5855585

 

Außerdem gab Fr. Hirsch mit ihrem Vortrag an dem Abend einen Einblick in ein anderes Naturschutzprojekt. Sie stellte die Rieselfeldlandschaft Hobrechtsfelde und die Auswirkungen der Beweidung mit Büffeln auf die halboffene Landschaft vor. Nach vier Jahren zeigte sich bereits eine Erhöhung der Biodiversität durch Entstehung von Mikrohabitaten und heterogener Vegetationsstruktur und eine Zunahme der Eichenverjüngung. Somit sind ähnliche positive Entwicklungen im Tegeler Fließtal zu erwarten.

 

Anschließend waren die anwesenden Reinickendorfer aufgefordert Fragen zu stellen und Anregungen zu äußern. Die Wasserbüffel betreffend wurde darüber diskutiert, dass die männlichen Tiere mit ca. 3 Jahren geschlachtet werden um Rangkämpfe zu vermeiden, welche die landwirtschaftliche Aufgabe der Herde nur stören würde. Interessant ist zudem, dass die Tiere bis zu 800 g täglich an Gewicht zulegen und eine Milch mit einem Fettanteil von ca. 8% produzieren.
Auf Nachfrage zur finanziellen Organisation des Projektes erläuterte Hr. Querhammer, dass er einen finanziellen Ausgleich für die anfallenden Kosten bezüglich Transport, Haftung und Aufwand erhält.
Anwesende, die Bedenken zu Wildtierpopulationen äußerten wurden insofern beruhigt, als dass weder Wildscheine noch Rehwild sich durch die Wasserbüffel oder den Zaun stören lassen. Demnach ist ihr natürliches Verhalten durch die Beweidung unverändert geblieben.
Die wesentlichen Wünsche der Reinickendorfer bestanden darin, die Wanderwege zu verbessern, indem Schlaglöcher aufgefüllt werden sollen, und Schilder, die auf das Verbot der Entenfütterung aufmerksam machen, aufzustellen.

Abschließend waren die Anwesenden dazu eingeladen an einem, von der Freien Scholle und dem Bezirksamt Reinickendorf organisierten, Umtrunk teilzunehmen, bei dem der Informations- und Erfahrungsaustausch fortgesetzt werden konnte.

 

Der Biologie Leistungskurs bedankt sich recht herzlich im Namen des Gabriele- von- Bülow- Gymnasiums für die Einladung und die an diesem Abend erhaltene Urkunde.

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